Achtzehnuhr fündundzwanzig, genau die richtige Zeit für ein leckeres Eis aus einem nobelen Eiscafé. Frohlockend und in voller Vorfreude auf geschmeidige Kugeln in knuspriger Waffel vernahm ich spanische Worte von Gästen, die bereits Eis aßen und dabei tief in heftige Diskussionen verstrickt waren. Mango und Caramelcreme, die Empfehlung des Hauses, verwöhnt vom ersten Löffel bis zum letzten Biss. Aus der Tür tretend fand ich sofort Bestätigung. Trotz Unterhaltung kam hin und wieder der Moment, in dem das Eis der spanisch Sprechenden die Lippen berührte, woraufhin nur Momente später die explosionsartige Geschmackssensation des kühlen Genusses sichtbar die verwobenen Gedanken für gefühlte Minuten auflöste. Selbst für den Unempathischsten sendeten genau in diesem Moment die Gesichstzüge des Genießenden auf den ersten Blick sanfte Erholung und Urlaub aus. Ich ging weiter. Menschen setzen sich außen an Cafés, um die vorbeiziehende Masse zu beobachten. Doch die Masse beobachtet zurück. An den nächsten Tischen vorbeiziehend riefen die Gedanken nur so in die Menge hinein: "Sind meine Schuhe zugebunden?", "Du hast einen Krümel an der Backe, aber ich traue mich nicht, es dir zu sagen, denn ich lache mich innerlich total kaputt.", "Ich muss mal.", "Wann kommt er denn endlich?", "Hoffentlich ist es bald acht Uhr.", "Der DAX stieg. Gut.". Währenddessen riefen spielende Kinder ihrer Mutter etwas auf Türkisch zu und freuten sich dabei tierisch. Vielleicht hatten auch sie gerade ein Eis gegessen. Nicht weit entfernt erklangen geübte Laute mexikanisch angehauchter Straßenmusiker, die vielleicht aus Tschechien stammen. Man weiß es nicht. Mein Eis war immer noch unbeschreiblich lecker und Paare stöberten schlendernd von einem zum nächsten Schaufenster. Eines der Theater informierte auf einem Plakat über geplante Aufführungen von umwerfenden Komödien der nächsten Saison. Gegenüber stapelten sich Bücher zweiter Wahl in hüfthohen Auslagen einer stadtbekannten Buchhandlung. Langsam aber sicher näherte sich das Glace - von Leo auch als Garderobenspiegel übersetzbar - dem letzten Happen zu. Ein guter Gitarrist begeisterte auf meinem Rückweg ausdrucksstark singend Freunde der Straßenmusik, so auch den unauffällig lauschenden Kneipengänger, der sich geschickt gerade außerhalb des unmittelbaren Einflussbereichs des Künstlers aufhielt, um nicht etwa nach einer Gegenleistung gefragt zu werden. So genießt jeder auf seine Weise die Musik, die Leute, das Leben und natürlich das Eis.
Friday, July 20. 2007
Eisessend in der Fußgängerzone
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ganz großes kino, der text! mehr davon, du menschenbeobachter. ich dachte hacker könnten sowas nich…
gerne hätte ich auch den ein- oder anderen beweis deiner dadaistischen wortschöpfungskultur- auch testimonial von den marketingmenschen genannt.
#1
johannes
(Homepage)
on
2007-08-11 00:12
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